Ein Lunch als Geschichtsstunde: Heston Blumenthal’s „THE LUNCHEON“ im MANDARIN ORIENTAL HYDE PARK (Einladung)

Bei meiner letzten Reise nach London durfte ich erstmals den neuen Business Lunch im „Dinner by Heston Blumenthal“ im Mandarin Oriental Hyde Park ausprobieren, den ich absolut empfehlen kann. Warum? Ich erzähle es euch hier.

Das Mandarin Oriental Hyde Park (in Kürze gesellt sich ein zweites MO in London dazu) gehört zu den wohl bekanntesten Luxushotels der britischen Hauptstadt und lässt sich mit keinem anderen vergleichen. Schwere Marmortreppen und Kristalllüster empfangen in der Marmorhalle. Umso leichter und modernen im Kontrast wirkt das „Dinner by Heston Blumenthal“, das sich mit einer gigantischen Fensterfront zum Hyde Park öffnet und einem einen Front Row Seat zu der berühmten „Strolling-“ und Reitstrecke bietet.

Damit wäre schon genug getan, um einen Lunch zu einem gelungenen Happening zu machen, doch es geht weiter. Viel weiter.

heston blumenthal dinner london

Wenn die Geschichtsstunde am Gaumen zergeht

Wenn Köch:innen ihre Statements via Gerichten und Menüs abgeben, haben sie bei mir stets ein Stein im Brett. Das ist beispielsweise bei Massimo Bottura der Fall und auch Heston Blumenthal hat sich zum aktuellen Weltgeschehen seine ganz persönlichen Gedanken gemacht und öffnete die Schatzkammer der Geschichte in Form von historischen Kochbüchern.

Wie haben unsere Urahnen gekocht? Wie haben sie aus dem Wenigen in Krisenzeiten Gerichte entwickelt?

Genau das thematisiert Heston Blumenthal in seinem Mittagsmenü und rückt die globale Lebensmittelverschwendung durch historische Geschichten und Rezepte aus dem 17. Jahrhundert in ein neues Licht.

Zusammen mit seinem talentierten Team, darunter Deiniol Pritchard, Creative Director der Fat Duck Group, und Adam Tooby-Desmond, Chefkoch von „Dinner by Heston Blumenthal“, wurde eine kulinarische Reise entwickelt, die ihr Engagement für Nachhaltigkeit widerspiegelt.

Heston Blumenthal und sein Einfluss auf Nachhaltigkeit in der Sterne-Gastronomie

Dieses experimentelle Menü bietet dem Erfinder nach „einen tiefen Einblick in die Geschichte vergangener Gesellschaften, die einen nachhaltigeren Umgang mit Lebensmitteln pflegten, indem sie die Verschwendung in ihren täglichen Essgewohnheiten auf ein Minimum reduzierten.“

Das Wort Nachhaltigkeit, das erstmals im 18. Jahrhundert in einem Text von Carl von Carlowitz auftaucht und das Aufforsten von Wäldern verlangt, ist also gar nicht so jung, wie man es vermuten würde. Wir sind in unserer derzeitigen Klimakrise auch nicht die erste Generation, die einen schonenden Umgang mit Ressourcen zur Handlungsmaxime erklären sollte.

Und so möchte auch Heston Blumenthal beweisen, dass Nachhaltigkeit in der Küche keine moderne Innovation ist, sondern jeder aus der Geschichte lernen kann, um zu verstehen, wie Mangel zu einer Inspirationsquelle werden kann.

Eintauchen in die Geschichte

Gleich zu Beginn, darf man sich aus märchenhaft illustrierten Spielkarten auswählen, wie tief man in die Geschichte des servierten Gerichts eintauchen möchte. Da wir uns (Edisa Shahini und ich) uns für das „Rabbit Hole“ entschieden haben, bekamen wir genauen Einblick in die Historie, die hinter den verschiedenen Gerichten steckt. Dabei wären lange Vorbereitungen von Fischen, die man an der Luft gestreckt trocknete oder Rhabarber, der in der Dunkelheit geerntet wird und nie Sonne sieht, um (einen wahrlich) perfekten Geschmack zu bekommen.

Vorspeisen

  • Ragout vom Schweineohr auf Toast (ca. 1727) Ochsenschwanz, Cippolini, Senf und Zitrone. Ein Gericht nach „The Complete Housewife von E. Smith“. Schweineohren und Ochsenschwänze sind oft unterschätzte Zutaten, die sich erst in den letzten Jahren wieder in der westlichen High-end Küche breit machen. Für dieses Gericht kocht das Team Ochsenschwanz mit Rindfleisch und Gemüse im Schnellkochtopf und verwendet die Brühe für die Rindfleischsauce.
  • Brennnesselbrei (ca. 1661) Knoblauch, Petersilie und Fenchel – nachzulesen in „W. Rabisha – The Whole Book of Cookery Dissected“. Brennnesseln sind ein großartiges, nachhaltiges Grün, das viel zu oft übersehen wird. Sie lassen sich leicht sammeln und haben einen ausgeprägten Geschmack, der perfekt zu den duftenden Kräutern passt, die dieses Gericht ergänzen.
the luncheon by heston blumenthal in london
Ragout vom Schweineohr auf Toast

Hauptspeise

  • Gesalzener Kabeljau (ca. 1769) mit Pastinaken, eingelegter Zitrone und Meerrettich. Dieses Gericht aus dem Buch „The Experienced English Housekeeper von E. Raffald ist ein perfektes Beispiel dafür, wie man die Reste eines Kabeljaus sinnvoll verwerten kann, ohne sie zu verschwenden. Hals, Backe und Kragen des Kabeljaus sind voller Geschmack und Textur und werden mit einem Meerrettichessig serviert, der aus diesen Teilen hergestellt wird, um die Sauce zu würzen.
  • Gefrorene Artischocke (ca. 1732) Dinkel, Pilze, Semmelbrösel. Aus „The Complete City and Country Cook von C. Carter. Dieses Gericht zeigt, wie man die Vorteile und Empfehlungen eines reduzierten Fleischkonsums ohne Geschmackseinbußen erreichen kann, indem man Knochenmark und Semmelbröselreste für die Füllung verwendet.

Dessert

  • Eine wahrlich göttliche Ananas-Kardamom-Torte (ca. 1728) Kardamom-Puddingtorte mit Ananasmarmelade. Dieses Gericht steht in engem Zusammenhang mit Hestons Dinner und der Verwendung von Ananas. Als das Rezept 1728 entstand, war die Ananas, wie in „The Country Housewife and Lady’s Director“ von R. Bradley nachzulesen ist, ein begehrtes Nahrungsmittel, das gelegentlich an Haushalte verliehen (!) wurde, die ein besonderes Dinner veranstalten wollten. Bei diesem Gericht werden die Reste der am Spieß gebratenen Ananas zur Herstellung der Marmelade für den Kuchen verwendet.
the luncheon by heston blumenthal in london
So sollte Torte sein: Ananas verschmilzt hier mit Kardamom und Eiscreme „on the side“.

Queen of Ice Cream: Agnes Marshall

Doch damit war es bei Weitem noch nicht vorbei, denn wir durften noch ein zweites Dessert genießen, das sich im „Dinner by Heston Blumenthal“ als Trademark bereits etabliert hat und zu den Highlights zählt: Ein Eis, das durch Stickstoff binnen zwei Minuten erzeugt wird.

Wie dies aussieht, gibt es im Tik Tok unten zu sehen.

@alexandertheguest

Nitrogen icecream as a dessert at Heston Blumenthal’s new restaurant, Atlantis The Royal. #dubai #hestonblumenthal #dessert #atlantistheroyal

? original sound – Alexander The Guest

Wer jetzt denkt, es würde sich um eine Erfindung der Molekularküche drehen, liegt falsch.

1855 wurde die „Queen of Ice Cream“ Agnes Marshall in Großbritannien in bescheidene Verhältnisse geboren. Sie machte sich in jungen Jahren auf den Weg, um in Wien und Paris alles über Desserts und das Eismachen zu erfahren.

Die unglaublich talentierte Erfinderin entwickelte auch eine Schleudertrommel, die mithilfe von Stickstoff binnen kürzester Zeit Eiscreme zaubert. Agnes Marshall meinte, in Zukunft würde in jedem Haushalt Stickstoff als Weg zur Kühlung verwendet werden. Ich bin mir sicher, Agnes wäre heute ein riesengroßer Sci-Fi-Fan. Eine Visionärin, wie man sie wohl sehr selten gesehen hat und über die man (wie ich finde) viel zu wenig weiß. Dank Heston Blumenthal „lebt“ sie jetzt als Abschluss eines jeden Menüs weiter.

Wir bekamen ein Earl Grey Eis serviert, das in Streusel getunkt wurde – ich entschied mich für Passionsfrucht-Pops. Alleine für dieses Eis würde ich sofort wieder nach London fliegen.


Der Preis des neuen Menüs liegt bei 59 GBP, mit der Option einer Weinbegleitung für 49 GBP.


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