BRUNA The Label in der Gerüchteküche
Der Butterfly Effect ist ein wundersames Ding. Es braucht nur eine unachtsame Handbewegung oder etwas geht verloren und schon zieht eine kleine Begebenheit weite Kreise. So auch hier.
Redakteurin Sandra Jungmann des FLEISCH Magazins verlor eines Tages ihren BRUNA-Ring, wie sie in ihrem Artikel „Bling, Bling“ (erschienen in der aktuellen Sommer-Ausgabe) berichtet. Das gute Stück sollte nachgekauft werden, doch auf der Suche danach spuckte das Internet ihr „ihn gleich zweimal aus.“ Einmal von BRUNA und einmal von Alibaba. Praktischerweise auch gleich mit identem Bild.
Nur hatte der von Alibaba – Surprise! Surprise! – einen sehr viel geringeren Preis und kam gleich in der 30 Stück Packung. Verblüfft stellte sich Sandra Jungmann die Frage, warum dieser so günstig wäre und jener von BRUNA so viel teurer, wenn sie augenscheinlich die gleichen sind.
Jungmann bestellte die billigen Ringe aus Fernost sowie das Double von BRUNA und ging damit zur Schmuckexpertin Adeline Lageder vom „Gemmologischen Labor Austria“ in der Wiener Innenstadt.
Laut Lageders Urteil sind beide Ringe maschinell hergestellt, von gleicher Wertigkeit, aber nicht aus der gleichen Manufaktur. BRUNA The Label, das angibt mit Lieferanten aus Thailand und Italien zusammen zu arbeiten, konnte man damit jedenfalls nicht nachweisen, dass sie jene Ringe von Alibaba aus China kaufen. Dass die Ringe maschinell hergestellt werden, hinterlässt allerdings einen etwas sauren Beigeschmack, denn das Adjektiv „handgefertigt“ hat mit dem Wort „Maschine“ nicht sehr viel gemeinsam. Jedenfalls wenn es nach den Konsument:innen geht, die vom industriellen Schmuckmachen natürlich keine Ahnung haben.
Auf Anfrage des FLEISCH Magazins wurde dann von BRUNA lediglich geantwortet, dass man sich der Verletzung von Bildrechten (seitens Alibabas) widmen werde. Eine etwas verfehlte Antwort, wie man wohl im Nachhinein zugeben muss.
Und es kam wie es kommen musste …
Nach der Online-Veröffentlichung des FLEISCH-Artikels wurde der Link in der Lifestyle-Bubble hin und her geschickt und schon landete der digitale Bassenatratsch auf DerStandard.at – und die Kommentarsektion dazu, Ladies and Gentlemen, ist eine brutale.
Aber sehen wir uns den Artikel vom FLEISCH Magazin doch einmal genauer an. Denn zwei wesentliche Aussagen darin bedürfen meiner Meinung nach einer Diskussion.
1. Ist BRUNA zu klein, um kopiert zu werden?
Nun kann ich aus eigener Erfahrung sagen – und ja, ich gebe zu, auch ich kaufe von China-Sellern wie Temu oder AliExpress – dass ich dort Fakes gefunden habe über die ich staunte. Das hohe Trend Know-How, das wahrscheinlich mit Fast Fashion Produzenten nach China kommt, ist außergewöhnlich und es wird viel schneller kopiert, als man glauben könnte.
Unter anderem habe ich im Schmuckbereich vor zwei Jahren Kopien vom Independent Label WALD Berlin gefunden. Weil 5 Euro mir die Neugierde wert waren, bestellte ich eine Kette (siehe unten). Die Qualität war unterirdisch und die Perlen fielen nach kurzer Zeit heraus. Für ein Instagram-Posting hätte es aber optisch gereicht um ein bisschen „Clout“ abzugreifen und nicht als Fake-Käuferin aufzufallen. Der preisliche Unterschied ist immerhin über 100 Euro gewesen.
Oben das Original, unten das Fake von AliExpress:
Dass WALD Berlin jetzt keine globale Marke ist, ist klar und der Einwand der FLEISCH-Redakteurin, dass BRUNA The Label nicht von China-Produzenten kopiert werden würde, weil es keine bekannte Marke wie Gucci & Co ist, ist für mich damit nicht haltbar.
Wenn Reese Witherspoon oder Emrata BRUNA tragen und auf ihren Postings taggen – warum sollten die Schmuckstücke dann nicht auch von chinesischen Herstellern kopiert werden?
Es kommt mir außerdem ständig unter, dass auf Alibaba oder AliExpress Kampagnen- und Produktfotos bekannter Marken genutzt werden, um Fakes zu bewerben. Diese Postings werden zwar nach einiger Zeit gelöscht, aber die Anzahl dieser ist einfach zu groß, um sie zu verhindern.
PS: WALD Berlin gibt auf ihrer Website an, mit einem „Fair Trade Collective“ in Deutschland zu produzieren.
2. Markenwert und Marktwert
Ich möchte mich jetzt nicht darüber auslassen, welche Luxusmarken mit einem Aufschlag von 1000% zum Produktionswert ihre Produkte verkaufen, damit die fassadenverkleidenden Plakate und Boutiquen in Bestlagen mit Securities vor der Tür bezahlt werden können. Doch genau diese Inszenierungen beweisen schlussendlich, dass Menschen mit Markenprodukten Status verbinden. Einen Status, der soziales Kapital darstellt und in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Produktwert steht, denn diese Wertigkeiten haben sich in den letzten Jahrzehnten rapide entkoppelt und gehen in diametrale Richtungen.
(Wer mehr darüber erfahren möchte, dem empfehle ich das augenöffnende, wie auch etwas depremierende Buch Deluxe: How Luxury Lost Its Luster)
In diese Perspektive kann man BRUNA The Label ebenso einreihen. Durch geschicktes Influencer- und Online-Marketing wurde Markenwert in den letzten drei Jahren erworben und kontinuierlich gesteigert. Wie es eben in einem solchen Umfeld üblich ist.
Der Wiederverkauf von Luxusgütern – ein „Aktienhandel“
Das einzige Mal, wo in meinem bisherigen Konsumentinnenleben beim Kauf eines Luxusguts der tatsächliche Materialwert den Preis bestimmt hat, war im Grand Bazaar in Istanbul. Meine (markenlose) Silberkette wurde auf eine Küchenwaage gelegt und nach dem aktuellen Tageskurs abgerechnet. Eine mittlerweile (fast) ausgestorbene Art den Preis eines Luxusguts zu berechnen. Angesichts der Wertschöpfungsketten hat diese Preisermittlung für global agierende Marken schon lange keine Relevanz mehr.
Wenn man die Werte von Luxusprodukten also nicht (mehr) an Gewicht oder Größe festmachen kann, bestimmt sich der Preis am aktuellen Prestige der Marke.
Wie schnell dies gehen kann, zeigen plötzliche Hypes, wie um die Dior Saddle Bag, die Fendi Baguette, die Louis Vuitton Pochette oder Taschen von MCM. Letztere sind erst durch die Wiederbelebung der Marke plötzlich im gleichen Preissegment wie Vintage Gucci oder Prada Taschen zu finden.
Wenn die Diamanten nicht echt sind …
Diese (durchaus fragwürdige) Konsumwelt knallt jetzt auf jene eines alteingesessenen Wiener Juweliers, der nach alten Marktregeln mit Werten handelt, die an Materialeinsatz gebunden sind.
Ihn zog das FLEISCH Magazin zu Rate und er nahm die Diamanten von BRUNAs Ohrringen („Lumiere Hoops“) unter die Lupe. Sein Urteil: Die Diamanten kommen aus einem Labor und nicht aus einer Mine, damit wären sie im Wiederverkauf weniger wert. Dass es sich dabei um Labordiamanten handle, steht aber auch online in der Produktbeschreibung. (Man kommt dem Eindruck nicht umhin, dass es so wirken soll, als hätte der Artikel damit etwas aufgedeckt.)
Im Fall eines Wiederverkaufs würde ich aber damit argumentieren, dass der Markenname der wichtigere Part bei der Wertermittlung ist und nach diesem kaufen auch bewusst Kund:innen.
Zur Wertermittlung von Labordiamanten bzw. Diamanten generell empfehle ich die Showtime-Dokumentation „Nothing Lasts Forever“ (auf Netflix), welche vor Augen führt, dass die Begehrlichkeit von Diamanten auch nur an ein geschicktes und beharrliches Marketing des Diamanten Konsortiums De Beers geknüpft ist, das Interesse an der (künstlichen) Verknappung der natürlich gewachsenen Rohdiamanten hat.
Man muss hier einhaken und angesichts der Ausbeutung unseres Planeten darauf hinweisen, dass Diamantenminen nicht gerade zum Landschafts-, Umwelt- oder Ressourcenschutz beitragen und etwa in Südafrika Ökosysteme stören. (Mehr dazu bei Parley.)
Vielleicht mag ein natürlich gewachsener Diamant für viele begehrlicher sein, allerdings kann man bei einem Labordiamant die unschönen Nebenwirkungen der Förderung ausschließen.
Zum Schluss: Was ist mit den großen Luxusmarken?
Während beispielsweise CHANEL in Großbritannien gerade von der Regierung abgemahnt wurde (mehr auf Fashion United) Angestellten nicht einmal den Mindestlohn zu bezahlen, berichtete im April das französische Investigativ-Portal „Mediapart“ über arbeitsrechtliche Verstöße in einer französischen Manufaktur, die CHANEL-Taschen herstellt. Das Medienecho war hier aber mehr als gering. Wahrscheinlich weil Werbebudgets eben immer noch die beste Art von „Vorbeugung“ gegen schlechte Nachrichten sind.
Ist man also amoralisches Verhalten von Großkonzernen schon so gewohnt, dass man den Anspruch nachhaltig und sauber zu wirtschaften nurmehr kleinen Labels umhängt? Das ist ist eine allgemeine Frage, die ich mir immer wieder stelle und die hier wieder aufpoppt.
Transparenz zu diesem Artikel: Weder besitze ich ein BRUNA-Produkt, noch wurde ich jemals mit einem Schmuckstück vom Unternehmen beschenkt. Ich hatte zur Gründerin, Helena Milchrahm, im Zuge eines Events, das ich für einen Kunden organisiert habe, Kontakt und sie im Zuge der Veranstaltung kennengelernt.
Das Statement von Bruna The Label
Liebe Kund:innen, liebe Geschäftspartner:innen, liebe Redakteur:innen und liebe
Creator:innen,
wir sind von aktuell kursierenden Gerüchten und Anschuldigungen betroffen und stellen hiermit die Fakten zu den Vermutungen zur Verfügung. Vor allem möchten wir aber unseren Kund:innen zeigen, dass wir als Unternehmen für all unsere Tätigkeiten,
angefangen vom Design, der Produktion bis hin zur Kommunikation, Verantwortung
übernehmen.
Fakt 1: Unsere Schmuckstücke werden in Italien und Thailand gefertigt
Unsere Schmuckstücke werden nicht in China, sondern in Italien und Thailand von
familiengeführten Unternehmen gefertigt. Diese Manufakturen haben wir seit Gründung der Marke mehrmals persönlich besucht und werden dies auch weiterhin fortführen. Sie sind dazu verpflichtet, die hohen Standards ethischer Geschäftspraktiken zu erfüllen und unseren “Code of Conduct” für Geschäftspartner einzuhalten. Die Einhaltung unseres “Code of Conduct” für Geschäftspartner überprüfen wir anhand eines risikobasierten Ansatzes, wie er in den OECD-Leitlinien für die Sorgfaltspflicht bei verantwortungsvollem Geschäftsgebaren empfohlen und in unserem ersten Impact Report beschrieben wird. Darüber hinaus sind diese Unternehmen zertifizierte Mitglieder des RJC. Der RJC (Responsible Jewellery Council) ist bisher der einzige international anerkannte Standard, der die Schmuckindustrie von der Mine bis zum Markt abdeckt. Seit Beginn arbeiten wir mit Unternehmen, die RJC zertifiziert sind. In diesem Zusammenhang heben wir hervor, dass wir selbst seit Mai 2023 ein Mitglied des RJC sind.
Fakt 2: Wir designen unseren Schmuck selbst
Wir sind stolz auf unsere Designs. Dass unsere Entwürfe als Inspirationsquelle genutzt
werden, ist uns bekannt und ärgerlich. Es verärgert uns, dass auch unsere
urheberrechtlich geschützten Fotos widerrechtlich genutzt werden und damit Kopien
unserer Produkte beworben werden. Wir sind dabei, die Anbieter zu kontaktieren und
erwägen rechtliche Schritte. Gegen jede Vermutung, dass wir Designs kopieren oder
minderwertige Materialien verwenden, verwahren wir uns auf das Schärfste.
Fakt 3: Unser Schmuck ist handwerklich gefertigt
Die Kreation von Schmuck umfasst eine Reihe verschiedener Schritte, die teilweise eine
hohe handwerkliche Komponente fordern. Von der Digitalisierung des ersten Entwurfs
über die Herstellung einer Form und das Einspritzen des Wachses bis hin zum Gießen,
Polieren, Plattieren, das Einfassen der Steine und dem finalen Zusammensetzen. Wir
arbeiten mit hochqualifizierten Kunsthandwerker:innen zusammen, die sich ihr
Know-how durch jahrelange praktische Erfahrung angeeignet haben. Die Erklärung rund um die Begrifflichkeit werden wir in den FAQs unserer Website hinzufügen. Wir möchten versuchen, diesen Prozess in Zukunft weiterhin und noch transparenter zu zeigen, mehr Material hierzu zur Verfügung zu stellen und unsere Formulierungen kritisch hinterfragen und besser auszuführen.
Fakt 4: Unsere Preise sind sorgfältig durchdacht
Unsere Preise sind fair kalkuliert und basieren auf sorgfältigen Überlegungen, die
unterschiedliche Komponenten umfassen. Beispielsweise zielen sie darauf ab, dass wir
faire Löhne in der gesamten Produktionskette zahlen und in kontinuierliche
Verbesserungen investieren. Die Preisgestaltung umfasst nie nur den reinen
Rohstoffwert, weshalb wir die Kritik hier nicht nachvollziehen können.
Fakt 5: Wir stehen zu den Inhalten auf unserer Website
Wir können euch versichern, dass wir im Zuge dieser Vorwürfe keinerlei Texte auf
unserer Website verändert oder gelöscht haben. Anlässlich des Earth Days im April
haben wir unseren Impact Report veröffentlicht, unsere Strategie rund um unser
Verantwortungsbewusstsein vorgestellt und unsere neue “Verantwortungsbewusstseins”-Sektion auf der Website gelauncht, an der wir viele Monate gearbeitet haben und die noch übersichtlicher gestaltet ist. Es entspricht unserem Anspruch und unserer Pflicht nach Transparenz, Informationen und Inhalte auf unserer Website gegebenenfalls zu updaten. Wir finden es verwunderlich, dass uns
genau dieser Punkt vorgehalten wird und können auch hier bestätigen: Wir stehen
uneingeschränkt hinter sämtlichen Informationen auf unserer Website, die heute und in der Vergangenheit aktuell sind. Dennoch möchten wir die Kritik rund um unseren
Markenauftritt, Wordings und Werbetexten annehmen. In den kommenden Wochen stellen wir uns hier einer strengen Evaluierung und werden bei Bedarf Verbesserungen vornehmen und diese auch transparent kommunizieren. Informationen, die die Materialien, Herstellungsländer, FAQs betrifft, sind korrekt und entsprechen rein den Fakten.
Wir weisen die in dem Artikel erhobenen Vorwürfe zurück, sind uns aber bewusst, dass
unser Ziel eine Reise ist, die wir nicht an einem Tag erreichen können, wohlgemerkt
nicht allein. Als Schmuckmarke sind wir Teil einer komplexen Wertschöpfungskette, die Menschen und Gemeinschaften auf der ganzen Welt einbezieht. Wir sind stolz auf unsere Meilensteine, sind uns unserer Verbesserungsmöglichkeiten bewusst und wollen weiterhin jeden Tag daran arbeiten, unsere Leistungen zu verbessern, sowohl innerhalb unserer Marke als auch in der Branche.
Durch das Vertrauen, die Unterstützung und die Loyalität sind wir zu der Marke
geworden, die wir heute sind. Wir schätzen die Auseinandersetzung und nehmen sie
sehr ernst. Wir werden weiterhin offen kommunizieren und euch über alle
Entwicklungen auf dem Laufenden halten.
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Danke für deine sachlichen Worte. Finde die Hetzjagd teilweise wirklich fehl am Platz …
Danke für den unvoreingenommen, sachlichen Bericht über Bruna The Label.
Danke für deinen Kommentar, Silvia!