The Age of Swift: Warum Taylor Swift (derzeit) die Größte ist

Dieser Artikel wird im nächsten EntreNous-Magazin No. 2 erscheinen.

Waren um die Jahrtausendwende bis auf Madonna fast nur männliche Musik-Acts mit Stadien-Touren unterwegs, hat sich das Blatt gewendet. Taylor Swift, Lady Gaga, Beyoncé, Dua Lipa, P!nk oder Katy Perry – es stehen heute vorwiegend Frauen der großen Popwelt auf den Tickets, die Arenen füllen.

Das hat viele Gründe, die aber vor allem eines gemeinsam habe: Junge Frauen möchten ihres-gleichen auf der Bühne sehen statt (nur) Männer anzuhimmeln. Es ist eine neue Generation, die Vorbilder sucht, aber trotz des Starrummels relateable bleiben, wie man es in der Celebrity-Marketing-Sprache formuliert. Sie kommunizieren auch mal öffentlich, dass nicht alles so glitzert, wie ihr Kleid am Red Carpet.

Für diesen Job ist Taylor Swift die perfekte Kandidatin. In ihren Teenie-Jahren einer der bekanntesten Country-Stars, hat sie es von Nashville in die Pop-Welt geschafft und damit vor über zehn Jahren bewiesen, dass Mauern da sind, um eingerissen zu werden. Aus dem Schutt zimmerte sie auch gleich ihren ersten Meilenstein, der das Intro für viele weitere werden sollte. Diese bauten Stück für Stück ein Imperium auf, das sich vor allem aus klug parierten Zügen gegen ihre Gegner:innen zusammensetzt.

taylor swift
IMAGO/Latin America News Agency

Dass Taylor Swift dabei ihre Seite in Konflikten öffentlich und vor allem künstlerisch austrägt und nicht – wie sonst üblich – hinter den Kulissen, ist ein wichtiger Aspekt ihres Erfolgs, der ihr neben Sympathie-punkten bei den Fans naturgemäß viel Publicity einbringt.

Alles, was der Pop-Titanin bis jetzt in die Quere kam, wurde mit einem Song verarbeitet, der ihr wiederum mehr Geld und Fans einbrachte.

unsplash/Rosa Rafael

Egal welche Auseinandersetzung, am Ende sitzt Taylor Swift meistens auf der Gewinnerseite. Da wäre beispielsweise ihr Streit über die Rechte an den Masters ihrer Songs, die ihr Erzfeind, Musikproduzent Scooter Braun, kaufte. Swifts Antwort: Sie nahm die Songs nochmal auf, veröffentlichte damit ein neues Album, bat ihre Fans auf Spotify nur diese zu hören und machte den vermeintlich goldenen Deal des Kontrahenten zu Blech.

Taylor Swift: Make art, not war!

Alles, was der Pop-Titanin bis jetzt in die Quere kam, wurde mit einem Song verarbeitet, der ihr wiederum mehr Geld und Fans einbrachte. Da wäre das legendäre „Bad Blood”-Video, das mit einem Reigen befreundeter Supermodels, Schauspielerinnen und Sängerinnen aufwartete und die Meinungsverschiedenheit mit Kollegin Katy Perry monetär geschickt verarbeitete oder die zahlreichen Trennungen von diversen Boyfriends, die sich als Inspirationsfutter in den Songtexten der Pop-Titanin wiederfanden. Mit einer Swift spaßt man nicht. Doch woher kommt dieser radikale Hang zur Eigenvermarktung?

Talent ist zwar ein gutes Argument, Geld aber ein noch besseres, wenn man im Musik-Business künstlerische Freiheit anstrebt.

It stays in the (Swift) family

Von Anfang an wurde Swift auf Erfolg getrimmt. Ihre Mutter nannten sie Taylor, da man später bei Bewerbungen nicht schnell merken sollte, dass sie eine Frau sei (ist es im Englischen doch sowohl ein Männer, als auch ein Frauenname).

Als sich die Tochter dann als Songwriterin auf den Karriereweg machte, stand der Herr Papa zur Seite und kaufte sich in das Plattenlabel Big Machine Records ein, just als Taylor mit diesem ihr erstes Album aufnahm. Talent ist zwar ein gutes Argument, Geld aber ein noch besseres, wenn man im Musik-Business künstlerische Freiheit anstrebt. Immerhin war es für ihren Vater, Scott Swift, ein gutes Investment, wie man angesichts der bis dato 114 Millionen verkauften Einheiten sieht. Auch heute mischt Scott Swift fest im Business der Tochter mit.

Das 2012 erschienene Album „Red“ verkaufte sich bis dato 7,2 Millionen mal.

So verhandelte er mit AMC Theaters den Deal für den The Eras-Konzertfilm, der als einer der lukrativsten in der Musikgeschichte gilt und mittlerweile an Disney+ verkauft wurde. Die Produktion dafür zahlte die Swift-Familie mit kolportierten 10 Millionen US-Dollar selbst.

Für diese ist der Betrag mittlerweile wohl Peanuts, aber man vergisst auf die erfolgreiche Formel nicht, die sich bewährt hat: Es ist besser das eigene Geld einzusetzen, als sich von anderen gängeln zu lassen. Viele Künstler:innen hatten und haben diesen Vorteil zwar von Anfang an nicht. Doch sich dem drögen Finanzthema nicht zu widmen, ist selten von Vorteil, rächt es sich irgendwann nämlich gehörig.

Dass Plattenbosse Stars mit Knebelverträgen zu Grunde richten, ist eine alte Geschichte, die selbst Größen wie Prince oder Michael Jackson leidvoll erfahren haben. Im Swift-Land wird das so schnell nicht passieren. So beantwortete der Megastar die Frage von Vogue, was man als Anfänger:in in der Musikindustrie unbedingt brauche mit: „Einen guten Anwalt.”
Eine Heerschar an solchen hat sie mittlerweile, die alles niet- und nagelfest machen, was verwertet werden kann. Sogar ihre bekanntesten Songstrophen werden als Copyrights eingetragen um Modeketten davon abzuhalten mit eigens produziertem Merch abzukassieren.

Taylor for President

Welchen Einfluss Taylor Swift vor allem in den USA hat, beweisen die vielen irrwitzigen Ver-schwörungstheorien, die von Anhänger:innen der republikanischen Partei in Umlauf gebracht werden. Der Grund: Swift habe sich bislang nicht für einen Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2024 öffentlich ausgesprochen.

Ihre Äußerung in einer ihrer Dokus, es wäre ein schwerer Fehler gewesen bei der Präsidentschaftswahl 2016 nicht für Hillary Clinton zu werben, sehen viele im rechten Lager als Beweis, dass sie Handlangerin der politischen Elite oder gar CIA-Agentin sei, die den Auftrag habe, den Wiedereinzug Donald Trumps ins Weiße Haus zu verhindern.
Immerhin sind von dieser Theorie ein Drittel aller Trump-Fans überzeugt (Quelle: CNN).

Dazu kamen weitere auf, die vor dem letzten Super Bowl in rechten Medien verbreitet wurden. Sie behaupteten, Swifts Bezieh-ung zum Quarterback der Kansas City Chiefs, Travis Kelce, sei von der Regierung als Teil einer weitreichenden psychologischen Operation erfun-den worden.

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IMAGO/Charles Baus

Dass sich Taylor Swift doch noch auf die Seite von Präsident Joe Biden stellt, steht in den Sternen. Für die Vorwahlen bat sie ihre Fans nur sich fürs Wählen registrieren zu lassen, was Rechtsgesinnte sofort zum shitstormen veranlasste. Auf den Online-Mob ist immer Verlass.

Für die Songwriterin, die ab heuer den Rekord für die meisten Grammy’s in der Kategorie „Album of the Year” stellt, ist dieses Jahr aber trotzdem ein gutes. Neben der The Eras Tour, die letztes Jahr startete und die unglaubliche 1 Milliarde US-Dollar in Ticket-Sales einbrachte und sie in die Forbes-Liste der Milliardärinnen hob, fieberten Swifties dem 19. April entgegen, als der Release ihres 11. Studio-Album The Tortured Poets Department der 35jährigen die Weltpresse dominierte. In Wien spielt sie am 8.8. und 9.8.2024 im Ernst-Happel-Stadion auf – natürlich sind beide Termine sold out.

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